Das Areal Widder ist in der Hombergstraße 25 in Jestetten und bietet zur Zeit interessante Einblicke, insbesondere ist es ein ungeplantes Rewildering-Projekt.
Geprägt wird das große Grundstück durch ein imposantes Bauernhaus inmitten eines beachtlichen Umschwungs; hier hat ein wohlhabender Bauer gelebt. Trotz einiger Investitionen in den letzten Jahrzehnten befand sich das Gebäude insgesamt im Niedergang, was an den nicht mehr genutzten Ökonomiegebäuden festzustellen war.
Die großen Grünflächen ums das Gebäude haben mit ihren Bäumen und Sträuchern einen hohen ökologischen Stellenwert gehabt, und das Gebäude stellt wohl auch das Sommerquartier einer Fledermauskolonie.
Aber dann schlägt doch der Bauwahn zu. Unter dem Stichwort einer ungeregelten, nicht auf die Umgebung abgestimmten «Verdichtung» wurde beschlossen, das Grundstück mit drei großen Wohnblöcken zu versiegeln. Zwar gibt es Wohnblöcke in der Nähe, aber nicht in dieser Dichte; und auf andere historische Gebäude wurde keinerlei Rücksicht genommen. Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, dass der Grundsatzbeschluss des Gemeinderates angreifbar ist; in der entscheidenden Sitzung war eine Abstimmung nicht auf der Tagesordnung angekündigt.
Aber basierend auf diesem Grundsatzbeschluss begannen Aktionen zur Umsetzung. Eine davon betraf die Rodung des Geländes im Frühjahr 2022. Im Auftrag des Investors führte eine Truppe von offensichtlich unqualifizierten Männern Rodungsarbeiten durch. In Trainerhosen und ohne erkennbare Schutzausrüstung fällten die Männer die Bäume; vorgeschriebene Sicherheitsabstände wurden nicht eingehalten. So wurden Bäume in unmittelbarer Nähe von Gehweg und Straße gefällt, nichts war abgesperrt, und Fußgänger und Autos bewegten sich ungehindert im Gefahrenbereich. Auch die Fällschnitte an den Baumstümpfen belegten, dass der Investor hier vollkommen unqualifiziertes Personal zum Einsatz gebracht hat.
Doch dann stockt das Procedere, angeblich hat der Investor das Vorhaben auf die lange Bank geschoben. Der Verkauf des Grundstücks hängt irgendwie in der Luft, der Vertrag sei zwar unterschrieben, aber die Zahlung soll erst beim Erreichen eines Beschlusses (Bebauungsplanänderung oder Baubewilligung?) erfolgen. Und da der Investor das Procedere aktuell nicht vorantreibt, wird seit Mitte 2022 auf dem Grundstück nichts mehr gemacht.
Aber nun zeigt sich die Natur mit ihrem eigenen Rewildering-Projekt. Einige der gefällten Bäume und Büsche treiben wieder aus, sie schießen in die Höhe. Heugras kommt hoch, und alles zusammen wird vom Wind bewegt. Auch einige Blumen, vielleicht früher mal angepflanzt oder selbst versamt, machen auch mit; so zum Beispiel die Berg-Flockenblume.
Inmitten der dichter werdenden intensiven Nutzung durch Bebauung nutzt die Flora die Change für sich und für die Tierwelt. Manche stören sich zwar am Anblick dieses Naturparadieses, aber zumindest aus der engeren Nachbarschaft hat es bislang keine Beschwerden gegeben. Die Natur freut es!
Weitere Informationen
Das Grundstück ist auch archäologisch interessant, weil dort in den 1930er Jahren Gräber aus der Hallstattzeit entdeckt worden sind:
Bad. Fundber. 15, 1939, 17.
Bad. Fundber. 17, 1941-47, 303f.
Der Zaun um das Grundstück bestand in Teilen aus Bettenrosten aus dem Inventar des in den 1990er Jahren gebauten Wohnheims für Spätaussiedler.