Die
„Stubengesellschaft zu Rheinau“ ist eine moderne Zunft, die Bezug
nimmt auf die Tradition der frühneuzeitlichen „Trinkstube“ als
Bürgerversammlung in der Nachbargemeinde von Jestetten. Zu den Tätigkeiten der
Stubengesellschaft gehört auch die Pflege von historischen Objekten in und um
Rheinau.
Aus Anlass eines „Gesellenabends“ der Stubengesellschaft in
Jestetten, führte Dr. Konrad Schlude, Leiter Bildungswerk Jestetten und
Gemeinderat, die Gäste aus der Nachbargemeinde durch das Dorf und erklärte den Bezug
zu Rheinau. Eine wichtige Episode der Jestetter Geschichte ist am Fries des
Rathauses von 1966 angedeutet, im Dreißigjährigen Krieg ist Jestetten nicht
zerstört worden, weil der Rheinauer Abt das Dorf unter seinen Schutz gestellt
hatte.
Am ehemaligen Wirtshaus „Salmen“ wird die Verbundenheit besonders
deutlich, ist das stattliche Gebäude doch nach dem Rheinauer Wappentier, dem
Salm bzw. Lachs, benannt.
Das Gefallenendenkmal vor der Schule zeigt aber auch die Unterschiede auf.
Jestetten hat als eine deutsche Gemeinde in den Kriegen einen hohen Blutzoll
gezahlt. Deshalb findet sich eben wie in jeder anderen deutschen Gemeinde ein
solches Denkmal. Im Fall von Jestetten kommt noch die Ermordung von mehr als
200 Patienten der Kreispflegeanstalt im Rahmen der Euthanasie-Aktion des
Nazi-Regimes im Jahr 1940 hinzu.
Dr. Schlude führte aus, dass die Lehre aus all den blutigen Konflikten eine
verbesserte Zusammenarbeit der Nationen gewesen sei. So nennt nicht nur die
Präambel des Grundgesetzes das Ziel eines vereinten Europas, auch in Jestetten
sei zeitgleich der politische Wille zum Ausdruck gebracht worden, über alle
Grenzen hinweg Verantwortung zu übernehmen.
In einem nachfolgenden Vortrag berichtete Schlude unter anderem über das
grenzüberschreitende Prospektionsprojekt zur Erforschung des keltischen
Oppidums von Altenburg-Rheinau. Die jüngst erschienene Abschlusspublikation des
Projekts soll zum Anlass genommen werden, die Zusammenarbeit zwischen den
interessierten Kreisen auf beiden Seiten des Rheines zu vertiefen.
Den Abschluss fand der Gesellenabend bei einem Abendessen in der Jestetter
Gastronomie. Die Gespräche über die Bedeutung der Grenze, über Gemeinsamkeiten
und Unterschiede wurden dabei fortgeführt.