Bericht zur Ausstellung „Kreuzwege Gegenüber“

Dr. Konrad Schlude beim Abbau der Ausstellung

Während 5 Wochen lief in der Pfarrkirche St. Benedikt in Jestetten die Ausstellung „Kreuzwege Gegenüber“. Gezeigt wurden zwei Kreuzwege des Jestetter Bildhauers Siegfried Fricker (1907-1976), dem Erstlingskreuzweg Frickers für Jestetten aus den Jahren 1933/34 wurde der von Oberlauchringen (1961/62) gegenüber gestellt. Die beiden Werke Frickers sind durch rund 30 Jahre einer stilistischen Weiterentwicklung und insbesondere die Kriegszeit getrennt, auf der anderen Seite gibt es jedoch auch einen bemerkenswerten Zusammenhang. Der Jestetter Kreuzweg wurde für den barocken Vorgängerbau der heutigen Kirche geschaffen. Beim Neubau der Kirche zu Beginn der 1960er Jahre war in Diskussion, einen neuen Kreuzweg von Siegfried Fricker schaffen zu lassen. Dazu ist es dann aber nicht gekommen. In der Ausstellung „Kreuzwege Gegenüber“ wurde mit dem Oberlauchringer Kreuzweg erstmalig ein Werk Frickers aus der Bauzeit der Jestetter Pfarrkirche dort ausgestellt.

Stilistisch gesehen stellt der Oberlauchringer Kreuzweg ein Unikat im Werk von Siegfried Fricker dar. Auf den massiven Stationen wird nur der wesentliche Teil der Handlung dargestellt, kurze Texte an den Stationen sind als weitere künstlerische Mittel zu deuten. Siegfried Fricker nutzt dieses Mittel auch. So ist bei der 14. Station „Jesus wird ins Grab gelegt“ neben der von Fricker bekannten zeitlichen Verschiebung – Jesus liegt bereits ruhig im Grab – insbesondere der Text wichtig: „Glaub an das Leben“ D.h., die Leidensgeschichte Jesu endet auf „Leben“, aus dem Leiden erwächst das christliche Heil.

Während der Ausstellungszeit wurden mehrere Führungen mit interessierten Besuchern durchgeführt, unter anderem mit Gästen aus den Landkreisen Lörrach und Konstanz. Ihre Gedanken zur Ausstellung und zu Siegfried Fricker konnten die Besucher auf  bereitgelegte Zettel schreiben und diese an einer Pin-Wand befestigen. Zahlreiche angebrachte Notizen bilden eine überzeugende positive Rückmeldung.

Für Pfarrer Richard Dressel stellte die Ausstellung einen „besonderen spirituellen Akzent“ in Fastenzeit dar. Auch ihm fielen immer wieder Personen auf, die ausserhalb der Gottesdienste die Ausstellung besuchten.

In ihrem Vortrag zur Geschichte der Kreuzdarstellung bettete die Theologin und Kunsthistorikerin Mareike Hartmann das Werk Siegfried Frickers in der Kunstgeschichte ein. Wie Mareike Hartmann ausführte hat sich der Stil der Kreuzdarstellungen im Lauf der Zeit immer wieder geändert. Stand am Anfang der triumphierende Christus, so wurde gerade nach der Pestzeit im Mittelalter das Leid vermehrt dargestellt. Mit der Loslösung von Kunst aus dem kirchlichen Raum im 19. Jahrhundert ist es zu vermehrten Spannungen zwischen Kunst und Kirche gekommen. An der Diskussion beteiligte sich auch Radegund Fricker, Tocher von Siegfried Fricker. Wie ihr Vater auch hat Radegund Fricker mehrere Kreuzwege geschaffen; wie sie ausführte, bereitet ihr gerade die Darstellung der 11. Station „Jesus wird ans Kreuz genagelt“ mit der innewohnenden Gewalt immer wieder Probleme. Sie müsse die Arbeit an der Station unterbrechen und zuerst andere, mit positiverem Themen besetzte Arbeiten ausführen.

Die Ausstellung „Kreuzwege Gegenüber“ war mit dem Anspruch aufgetreten, Menschen mit Interesse an Siegfried Fricker oder religiöser Kunst zusammen zu bringen. Laut Meinung der Organisatoren wurde dieses Ziel erreicht.


Konrad Schlude