Die Ausgrabung des Unteren Schlosses in Jestetten

Im Frühjahr 2000 wurde das sogenannte Haus Dannegger in Birretstraße in Jestetten abgerissen,
um Platz für einen Neubau zu schaffen. Da dieses Haus Anfang des 19. Jahrhunderts auf den
Überresten des mittelalterlichen Unteren Schlosses aufgebaut worden war, führte der Archäologe
Dr. Heiko Wagner vor 2 Jahren eine zweiwöchige Notgrabung durch. Im Rahmen eines
Diavortrags beim Katholischen Bildungswerk Jestetten berichtete Dr. Wagner nun über die
Ergebnisse dieser Grabung.


Dr. Wagner untersuchte die Überreste dieses Unteren Schlosses; teilweise waren Mauern des
Schlosses in den Neubau des frühen 19. Jahrhunderts integriert worden, andere Teile, z.B. der
Wehrturm, konnten nur durch Grundmauern nachgewiesen werden. Eine besondere Entdeckung
war eine Latrinengrube, die bislang unbekannt gewesen war. In dieser Latrinengrube fand Dr.
Wagner einige der interessantesten Funde dieser Grabung. Dazu gehört auch ein Kochtopf, der
wie andere Fundgegenstände auch, nach Reinigung erstmals der Öffentlichkeit per Bild
vorgestellt werden konnte. Weitere Funde waren Münzen aus verschiedenen Epochen,
Ofechkacheln, Tonscherben und Teile einer Wendeltreppe. Obwohl das Untere Schloss eine
Wehranlage gewesen war, konnten keine Reste von Waffen (z.B. Pfeilspitzen oder
Armbrustbolzen) nachgewiesen werden. Zu den Funden gehörten lediglich Feuersteine, die aber
bei einer Jagdflinte Verwendung gefunden haben konnten.
Die Zuhörer bekamen einen interessanten Einblick in die Arbeitsweise der Archäologie. Dr.
Wagner zeigte mit seinen Bildern, wie sich die wechselhafte Geschichte von Neubau und Abriss
im Boden als Abfolge von Schutt und Humus zeigt. An den Wandresten fand Dr. Wagner Spuren
eines Brandes, der in keinem bekannten Dokument verzeichnet ist. Bemerkenswert war auch, wie
Dr. Wagner an Hand von wenigen Merkmalen die Tonscherben datieren konnte.
Zum Abschluss bemängelte Dr. Wagner, dass die Grabung unter zu großem Zeitdruck hat
stattfinden müssen, was seine Arbeit erschwert und genauere Ergebnisse bei der Datierung der
Funde unmöglich gemacht hat.


Konrad Schlude