Einen „kleinen Siegfried Fricker“ gerettet

Der kleine Siegfried Fricker

Was kann man von einem Tag mit Zahnarzttermin schon erwarten? Eigentlich nicht viel Positives. Und doch muss ich sagen, dass mir der Tag meines letzten Zahnarztbesuches wohl noch einige Zeit viel Freude machen wird. Wenn man schon einmal unter der Woche daheim ist, kommt prompt noch der Auftrag: „Dann kannst Du ja die Kinder in den Kindergarten bringen.“ Nun, diese Pflicht wird natürlich erfüllt, und beim Kindergarten kommt dann die Überraschung: Da steht auf dem Boden im Freien eine geschnitzte Holztafel, Wind und Wetter ausgesetzt ist eine Waldszene mit Inschrift „1952 1958 Jestetten“ dargestellt.

Offenbar war die Tafel ein Geschenk für den 1958 versetzten Leiter des Forstamtes Jestetten, nämlich Forstmeister Wilhelm Bernhard (1908 – 1987). Nach der Pensionierung kam er wieder nach Jestetten zurück. Insbesondere als Autor des Buches „Ei, gute Morge Herr Oberförster“ (1978) ist er vielen Jestettern nach wie vor ein Begriff.

Was die Sache aber aus meiner Sicht besonders interessant gemacht hat, diese Tafel stammt vom Jestetter Bildhauer Siegfried Fricker; als Organisator der letztjährigen Siegfried Fricker Ausstellung ist mir das sofort aufgefallen.

Doch wie kommt jemand auf die Idee, ein hölzernes Werk von Siegfried Fricker einfach so in den Matsch zu stellen, wo es doch recht schnell kaputtgehen würde? Nun, beim Ausräumen des vormaligen Forstamtgebäudes ist die Holztafel aufgetaucht. Da niemand wusste, was damit zu tun sei, wurde die Tafel dem Waldkindergarten übergeben. Und da der Waldkindergarten in keinster Weise dafür ausgelegt ist, Kunstwerke aufzubewahren, landete die Tafel dann an einem aus meiner Sicht vollkommen ungeeigneten Ort.

Im Gespräch mit der Kindergärtnerin war die Sache rasch geklärt, die Tafel hängt nun an einem ihr entsprechenden und vor allem trockenem Ort. Von der Bedeutung her kann sich die Tafel natürlich in keinster Weise mit den großen Werken Siegfried Frickers messen, beispielsweise die Innenausstattung der Kirche in Albbruck oder dem Kreuzweg in der Waldshuter Caritas- Kapelle (vormals im Kolpinghaus), aber doch habe ich große Freude, dass ich den „kleinen Siegfried Fricker“ gerettet habe. Die Tafel ist doch auch ein Indiz für die große Natur- u. Heimatverbundenheit Siegfried Frickers. Neben seinen Erfolgen bis nach Jerusalem hat er auch immer für die heimische Bevölkerung gearbeitet.

Der eigentliche Zahnarztbesuch ist schon wieder halb vergessen, aber dass dieser Zahnarzttermin ein Werk Siegfried Frickers gerettet hat, das wird mir noch lange Freude bereiten. Eigentlich sollte man mehr Zahnarzttermine haben.
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Konrad Schlude