Anton Schlude
Freiburg,
gedruckt bei Franz Xaver Wangler.
1838
Den 3. Oktober 1836
Noch immer tönt die holde Leier.
Des Nachhalls zitternder Akkord
Fach nochmals der Begeist'rung Feuer,
Trägt mich auf seinen Schwingen fort.
In schönern, höhern Regionen,
Dort schaukeln hold die Phantasien,
Die gerne um den Sänger wohnen,
Bald neckend kommen, bald entflieh'n.
Drei Jahre sind nun hingeschwunden,
Seitdem ich Dich, o Leier, fand.
Ich habe viel in Dir gefunden,
Uns knüpft ein süßes Zauberband.
Als Leiden meine Brust durchwühlten,
Mein Herz im tiefsten Kummer schwoll,
Stets neue Pfeile auf mich zielten,
Mein Aug' in bittern Thränen quoll;
Als mir der Tod im finstern Grimme
Das Theu'rste von der Seite riß;
Da klangest Du wie eine Stimme,
Die leise mir noch Trost verhieß.
Ich wähnte, klagend Philomele
Zu hören durch den dunklen Hain,
Und süße Wehmuth nahm die Stelle
Des finstern wilden Schmerzens ein.
Doch auch von Freunden kannst Du zeugen;
Du stimmtest gerne selbst mit ein.
Beim Jubelsang, beim frohen Reigen,
Wie könntest Du die letzte seyn?
Dann sang, (o daß es stets so bliebe!)
Voll Feu'r ich und Begeisterung,
Ich sang vom stillen Glück der Liebe,
Und bracht' ihr meine Huldigung.
Und wenn ein Freund die Hand mir drückte,
Mit ächtem, treuem Biedersinn,
Wenn edle Freundschaft mich entzückte,
Als Himmelsbotschaft mir erschien:
Dann tönten jubelnd meine Lieder,
Sie klangen auf des Freundes Wohl;
Und er, der Freund, verstand es wieder,
Was aus dem Herzen mir entquoll.
Auch in den einsam stillen Stunden,
Warst, Leier, mir Begleiterin.
Du heiltest mir geheime Wunden,
Warst wiederum Erheiterin.
Wenn ich hinaus in's Freie eilte,
Zum Feiertempel der Natur,
Und da mit tiefer Rührung weilte,
Und Blumen pflückte auf der Flur;
Wenn in des Abends Feierstille
Das sanfte Dunkel mich umgab,
Wenn dann der Welten Sternenfülle
Hoch schimmerte auf mich herab
Da klang mein Lied zum heh'ren Preise
Dem Weltenvater hoch empor.
Das Echo lauscht' und rief mir leise
Die Antwort zu im Doppelchor.
Noch immer tönst Du, holde Leier,
Mir deine süßen Klänge zu;
Einst tönst Du mir zur Todtenfeier,
Geh' Lebensmüder ich zur Ruh'.
Gedichte von Anton Schlude
http://www.schlu.de/anton/