Wanderung zu den Kleindenkmalen im Jestetter Zipfel

In Zusammenarbeit mit dem Naturpark Schaffhausen veranstalteten der Schwarzwaldverein Lottstetten und das Bildungswerk Jestetten eine Wanderung zu den Kleindenkmalen. Bei herrlichem Herbstwetter fanden sich zahlreiche Teilnehmer ein, um sich „Auf den Spuren der Vergangenheit“ zu bewegen.

Als Kleindenkmale bezeichnet man Objekte wie Brunnen, Feldkreuze oder Grenzsteine, die zwar nicht unbedingt ein gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal sind, aber als für Orte und Landschaft typische, und damit bedeutsam für die Region sind. Da die Kleindenkmale oft übersehen werden, sind sie in ihrem Bestand bedroht, weshalb diese Kleindenkmale in einem Projekt des Landes Baden-Württemberg erfasst wurden. In Lottstetten erfolgte die Erfassung durch den Schwarzwaldverein, in Jestetten durch Bildungswerk und Kolping.

Die Wanderung begann an der kath. Kirche in Lottstetten, wo die Gedenksäule an den Krieg von 1870/71 erklärt wurde. Bis vor einigen Jahren stand diese Säule versteckt und unbeachtet, im Zuge der Erfassung der Kleindenkmale wurde die Säule durch Jürgen Kübler restauriert und an einem geeigneteren Ort aufgestellt.

Der Weg führte zum Josef Weißhaar Platz, an dem an den Lottstetter Wirt aus der badischen Revolution erinnert wird. An den Wegkreuzen beim Schweizerhof, bei der Kiesgrube Rehm und dem Balmer Kreuz vorbei wanderten die Teilnehmer zur „Römerbrücke“. Die beiden Brückenpfeiler galten lange als höchste römische Ruinen in Baden-Württemberg, aber dann wurde bei den den Arbeiten für das Jestetter Dorfbuch (erschienen 2001) festgestellt, dass die Brücke in der frühen Neuzeit gebaut worden war. Wie die Teilnehmer der Wanderung erfuhren, wurde die Brücke 1696 gebaut; nachdem sie rasch baufällig geworden war, wurde sie erst als „alte Brücke“ bezeichnet, um 1850 taucht dann erstmals der Begriff „Römerbrücke“ auf. Es brauchte also nur rund 150 Jahre, um das Wissen um die Erstehung in Vergessenheit geraten zu lassen.

Weiter führte die Strecke zum Huber-Stein aus dem Jahr 1984, der an das Buch „Das blaue Licht“ von Heinrich Huber erinnert. Letzte Station war der Friedhof in Jestetten, wo das Grab der Familie Meister besucht wurde. Zwar sind Grabsteine keine typischen Kleindenkmale, da Gräber nach Ablauf der Ruhefrist typischerweise abgeräumt werden. Bei diesem Grab des Ehepaars Meister wird aber an vier gefallene/vermisste Söhne erinnert; als wichtiges historisches Dokument wurde der Grabstein deshalb auch aufgenommen.

Zum Abschluss der Führung präsentierte Dr. Konrad Schlude, Leiter des Bildungswerks Jestetten weitere Hintergrundinformationen zu den Kleindenkmalen und zum Projekt der Erfassung. Ferner wurden weitere Kleindenkmale, die man nicht besichtigt hatte, vorgestellt. So gibt es in Jestetten und Lottstetten zahlreiche Sgraffiti des Jestetter Bildhauser Siegfried Fricker (1907-1976). Mit Fotos eines Grenzsteines zwischen Gemarkung Altenburg und Nohl wurde die geradezu abstruse Grenzziehung im Jestetter Zipfel aufgezeigt.

Erklärt wurde auch eine Gruppe von Kleindenkmalen auf dem Friedhof beim Altersheim; diese Gruppe ist auch deshalb bedeutsam, weil sie an die Tötung von Insassen der damaligen Kreispflegeanstalt im Rahmen der Euthanasie-Morde durch das NS-Regime erinnert. Als ein Resultat der Erfassung der Kleindenkmale wurde diese Gruppe als Kulturdenkmal anerkannt und steht nun unter gesetzlichem Schutz.

Helga Pätzold vom Schwarzwaldverein präsentierte einige besondere Kleindenkmale aus Lottstetten. So Brunnen und historische Grenzsteine, die die bewegte Geschichte zwischen der Landgrafschaft Klettgau, dem Kloster Rheinau und den schweizer Nachbarn aufzeigen.

Zur Zeit laufen noch einige wenige Nacherfassungen von Kleindenkmalen. Es ist ein Bestreben, möglichst vollständige Listen zu erstellen, damit in einer allfälligen Publikation der zentralen Erfassungsstelle auch Lottstetten und Jestetten gut berücksichtigt werden können. Ferner wird die Erfassung der Kleindenkmale in Dettighofen geprüft.

Liste der an der Erfassung Beteiligten:

Günther Haberstock (Lottstetten)
Herbert Kübler (Lottstetten)
Bernhard Merk (Jestetten)
Heinz-Dieter Metzger (Jestetten)
Helga Pätzold (Lottstetten)
Christoph Ruess (Lottstetten)
Konrad Schlude (Jestetten)

Die Teilnehmer der Wanderung beim Start an der Lottstetter Kirche vor dem Denkmal des 1. Weltkrieges

Konrad Schlude

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