Verantwortung – auch im Internet!

Die erste Station des Erzinger Kreuzwegs von Siegfried Fricker, 1946/47

Die modernen Kommunikationsmittel wie E-Mail oder soziale Medien erlauben den Menschen, auf einfachem Weg miteinander zu kommunizieren. Was die Menschen verbinden und näher bringen soll, wird aber auch oft zur Ausgrenzung, Verleumdung und Hetze gegen andere verwendet.

Merkmale solcher Aktionen sind unter anderem, dass keinerlei positive Aspekte und konstruktive Vorschläge vorhanden sind; diese Aktionen richten sich gegen etwas, nicht für etwas. Wenn man dann nach dem genauen Sinn einer solchen Aussage fragt, dann kommen Bemerkungen wie „das ist halt ein Witz“ oder “ es ist doch nicht so gemeint“. Statt einer klaren Aussage bleibt also nur eine billige Ausflucht.

Es gibt viele Beispiele dafür, wie „Witze“ quälen können. Auch in der Passion Christi kommt ein solcher vor, die schmerzhafte „Krönung“ mit Dornen war ein „Witz“ der Peiniger; aber wer kann über so etwas lachen?

Beim Bild handelt es sich um die erste Station „Jesus wird zum Tode verurteilt“ des Erzinger Kreuzwegs, das war der erste Nachkriegskreuzweg des Jestetter Bildhauers Siegfried Fricker. In den Kreuzwegen vor dem Krieg hat Fricker Pontius Pilatus als einzigen Akteur der Szene dargestellt, aber mit diesem Erzinger Kreuzweg tauchen die anonymen anklagenden und gewalttätigen Hände auf. Die Frage ist, welche Erfahrungen von Beleidigungen, Hetze und Gewalttätigkeit durch den Nationalsozialismus Siegfried Fricker da verarbeitet hat?

Es gibt genügend Beispiele dafür, dass wir Ausflüchte nicht akzeptieren sollen, nehmen wir doch zwei lokale historische Ereignisse:

  • In einem wohl kurz vor 1933 entstandenen Theaterstück wird dem jüdischen Viehhändler Levy übel mitgespielt. Er wird mit KO-Tropfen malträtiert, und dann wird Levy vorgegaukelt, dass er auf den Mond deportiert wird. Und im heimatlichen Dialekt steht da: „Und jetzt würd sofort mit-em Abtransport vo dä erschte Jude agfange.“ Der Autor gehört zwar nicht zu den Nationalsozialisten (die werden im Stück abwertend als „d´Hoggechrüzler“ bezeichnet), aber sein „Witz“ über die Juden kann heute nur jeden verantwortungsbewussten Menschen erschrecken.
  • Von Anfang an ihrer Tätigkeit haben hochrangige NSDAP-Mitglieder gegen psychisch Kranke agitiert; bei Nachfragen kamen eben Antworten wie „alles nicht so gemeint“. Im Jahr 1940 sind dann mehr als 200 Patienten der Kreispflegeanstalt Jestetten ermordet worden. Besonders perfid war dabei, dass unter den Ermordeten auch Veteranen des 1. Weltkriegs waren; offiziell waren die „Ehrenbürger der Nation“.

Jedem muss klar sein, dass er für seine Äußerungen Verantwortung übernehmen muss; auch dann, wenn diese Äußerungen im Internet gemacht werden. Das Verstecken hinter billigen Ausreden dürfen wir nicht akzeptieren. Auch im Internet muss Verantwortung übernommen werden.


Konrad Schlude