Laudatio zur Max Blödt Ausstellung

Liebe Therese,
liebe Familie Blödt,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin angefragt worden, eine Laudatio zur heutigen Ausstellungseröffnung zu halten. Auf Grund meiner persönlichen Hochachtung gegenüber Max Blödt tue ich das natürlich gerne. Ich bin sehr froh, dass diese Ausstellung zustande gekommen ist und uns noch einmal das Werk, aber auch die Person von Max Blödt vor Augen führt.
Es ist eine Ausstellung über die künstlerische Arbeit von Max Blödt, und das Ausstellungsplakat bezeugt eine ungeheure Breite seines Werks:

  • Plastiken in
    o Stein
    o Holz
    o Bronze
  • Malerei
    o In Öl
    o Und als Aquarell
  • Zeichnungen in
    o Kreide
    o Bleistift
    o Tusche

Diese Breite ist beachtlich, nicht zuletzt deshalb, weil man das Werk eher als Freizeitbeschäftigung denn als Erwerbsarbeit betrachten muss. Die für mich fast schon verwirrende Vielfalt geht aber noch weiter, denn kann man das Werk von der Person des Schöpfers trennen? Bei Max verneine ich eine solche Frage entschieden, seine starke Persönlichkeit hat Max in verschiedenste Bereiche eingebracht:
· Pfarrgemeinde bis hin zum Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates
· Kolping
· Gründungsmitglied der CDU Jestetten und bis zum Tod der Partei verbunden
· Jahrzehntelanges Mitglied des Gemeinderates
· Vorsitzender des Elternbeirates der Realschule
· Mitglied der Chronikredaktion
· Mitarbeit beim Jestetter Dorfbuch
· Kirchenchor, Sozialstation, usw usw

Diese Betrachtung führt zu einer ersten wichtigen Erkenntnis, Max Blödt war eine sehr aktive, sozial engagierte und überaus vielschichtige Persönlichkeit. Wie seine scheinbar widersprüchlichen Steinknoten –wer von Ihnen kann einen Stein verknoten? – lässt er sich nicht auf eine Ebene reduzieren oder in eine bestimmte Gedanken-Schublade pressen.

Der weiteren Betrachtung möchte ich ein paar wenige Eckdaten aus dem Leben von Max Blödt voranstellen:
· Geboren 1925
· Mit knapp 10 Jahren verliert er seinen Vater
· Als junger Mann wird er in den Krieg geschickt
· Nach der Rückkehr die Bildhauerlehre
· 1949 die Heirat mit Therese Widder, aus der Ehe gehen fünf Kinder hervor
· Meisterprüfung und eigener Betrieb, den er bis weit über die übliche Pensionsgrenze selber führt
· 2006, also letztes Jahr gestorben.

Zwischen all diesen Punkten gibt es viele Querverbindungen.

  • Bei der Restaurierung des Kreuzweges auf dem Friedhof oder dem Bildstock verbinden sich Handwerk mit dem Einsatz für die Pfarr- und die politische Gemeinde.
  • Schon damals mit einer grossen Beobachtungsgabe, mit dem Sinn für das Entscheidende ausgestattet, führt der junge Soldat ein Kriegstagebuch und veröffentlicht Ausschnitte davon 60 Jahre später in der Dorfchronik.
  • Bei seiner Mitarbeit beim Jestetter Dorfbuch benutzt Max sein weites soziales Netzwerk für das „Finden von Sachen“; wenn Unterlagen oder Fotos benötigt werden, Max treibt sie auf. Das ist Knochenarbeit, die selten nach aussen dringt.

Das sind nur wenige Beispiele aus einer Liste, die sich fast beliebig verlängern liesse. Verwirrend vielfältig.
Einen gewissen Zugang zu seinem Wesen finden wir wohl in der Art, wie sich Max selber bezeichnet/vorgestellt hat:

Max Blödt Bildhauer

Aus diesen drei Worten spricht viel mehr als nur die Bezeichnung des einst gelernten Berufes. Es ist ein Hauptteil der Berufung, es zeigt einen Berufsstolz und kündet von einem grossen Arbeitsethos. Max ist für seine zupackende Art bekannt gewesen. Ich habe mir von Jürgen Kübler – einem Lehrling von Max – erzählen lassen, wie Max gearbeitet hat. Er habe im Voraus immer genau überlegt, wie vorgegangen werden muss. Seinen Mitarbeitern hat Max sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Wie mir Jürgen erzählt hat, hat dies auch einmal zu einer speziellen Gerüstakrobatik geführt, die nicht gerade konform zur den Vorschriften der Berufsgenossenschaft war. Er ist sich nicht zu schade gewesen, Arbeiten auszuführen, die er hätte abschieben können. Jürgen hat mir berichtet, bei Max habe man sich nicht in erster Linie als Lehrling sondern als anerkannter Kollege gefühlt. Natürlich war Max der Meister, der Chef; aber er hatte es nicht nötig, seine Stellung immer betonen zu müssen; ganz einfach deshalb weil er auch so der Chef war. Dies unterstreicht insbesondere einmal mehr die starke Persönlichkeit.

Auch wenn Max kein Müller war, seine Müller-Skulptur erinnert mich an ihn selber. Da ist die klare, schnörkellose Art der Skulptur; die Arbeit wird wie selbstverständlich erledigt. Meine Erfahrungen mit Max stammen jedoch aus anderen Bereichen. Da ist der immer aktive Pfarrgemeinderatsvorsitzende; das treue CDU-Mitglied, das immer zu den Veranstaltungen kommt und mit hilft; der offensichtlich sehr belesene und umgängliche Diskussionspartner. Ich habe mich immer gefreut, mit ihm reden zu können; sei das nun am Sonntag morgen nach der Kirche oder am Rande einer Veranstaltung des Bildungswerks, zu denen Max des öfteren gekommen ist. Bei diesen Gelegenheiten ist mir immer wieder aufgefallen, dass er zuhören konnte. Natürlich hatte er seine eigene Meinung, die er bei Bedarf auch vertreten hat; aber er hatte es nicht nötig, anderen diese Meinung auf zu zwingen. Er, der in vielerlei Hinsicht Konservative, weil Bewahrende war auch offen für neue Ideen. Ein „Nachdenker“ mit einem grossem Hang zum Philosophischen.

Und natürlich ist da auch die Erinnerung an den Laden von Therese und Max Blödt. Ich weiss ehrlich gesagt gar nicht, wie ich dieses Geschäft richtig bezeichnen soll; Bastelladen geht vielleicht in die richtige Richtung, trifft aber den Kern der Sache bei weitem nicht. In diesem mit viel Liebe eingerichteten Laden gab es unter anderem Dinge, die es sonst nirgends zu kaufen gab: Nachbildungen des keltischen Stierkopfes und des Ebers aus Altenburg, die bronzenen Wappen und die Bilder von Max, Weinkrüge mit Jestetter Wappen …

An dieser Stelle müsste eigentlich ein Begriff kommen, den man einen Schlüssel für das Verständnis von Max ansehen kann; nämlich der Begriff „Heimat“. Ich diskutiere diesen Begriff aber noch nicht, weil ich noch einen Schritt weitergehen möchte. Ich habe es vorhin schon angeschnitten, ich habe Max als eine Persönlichkeit mit grosser positiver Ausstrahlung erlebt. Seit meiner Kindheit war mir Max vertraut, ein ruhender Pol im Dorfgeschehen, er gehört zu meinem Erleben von Jestetten als Heimat dazu. Damit ist er endgültig gefallen, dieser Begriff „Heimat“. Ich hätte schon vorhin sagen können, dass Max eine starke Heimatverbundenheit gehabt hat; wichtig ist mir aber auch, dass Max bei der Gestaltung seiner Heimat mir und vielen anderen einen wichtigen Beitrag zur Erfahrung von Heimat gemacht hat. Und das scheint mir ein ganz grosses Verdienst von ihm zu sein: Aus einem Weltkrieg zurückgekommen, der Millionen den Tod oder die Vertreibung gebracht hat, schafft der „kleine“ Kriegsheimkehrer Max Blödt in rund 60 nachfolgenden Jahren anderen Heimat. Das ist eine Leistung, die ihn weit über manchen „grossen“ Staatsmann hinaushebt.

Dass Max an seiner Heimat Jestetten gehangen ist, zeigt sich an vielen Stellen. Seine letzte grössere Arbeit war die Restaurierung des Kreuzweges auf dem Jestetter Friedhof; als Gemeinderat hatte er sich – vergeblich – gegen den Abriss des Gasthauses Adler gewandt. „Heimat“ scheint mir aber auch ein wichtiger Schlüssel für das Verständnis seines Werks als Maler zu sein. Viele der kolorierten Tuschezeichnungen zeigen Ansichten von Jestetter Gebäuden, manchmal sind es ganz vertraute Ansichten, manchmal sind es aber auch versteckte, aus ungewohnter Perspektive. Diese Bilder sind oft nach Vorlage von Fotos entstanden; sie sind also in einem gewissen Sinn Kopien dieser Fotos. Und doch gehen die Bilder von Max weit über die Fotos hinaus. Mit nur wenigen Tuschestrichen holt Max die wesentliche Struktur der Ansicht hinaus, Unwichtiges tritt in den Hintergrund. Durch die grosse Beobachtungsgabe von Max bekommt das vermeintlich Vertraute ein neues Gesicht und erlaubt neue Einblicke.

Die Ansicht vom Gasthaus Adler ist auf diese Art entstanden. Durch Augen und die Hand von Max dürfen wir noch einmal die Schönheit und die Ausstrahlung diese Gebäudes erleben. Wir erfahren auch, dass neben und hinter dem allzu vertrauten noch andere Dinge stecken. Aus diesem Grund heraus ist das künstlerische Werk von Max Blödt auch ein philosophisches, weil es uns zum Nachdenken anregen, weil es unsere Vorstellungen erweitern kann. Sei das nun mit den scheinbar paradoxen Steinknoten oder mit den Ansichten seiner Heimat.

Geniessen Sie diese Ausstellung; ich hoffe, dass Ihnen die Werke gefallen, dass Sie Freude daran haben. Damit wäre ich praktisch am Schluss, der wie Max ein wenig vielschichtig ausfallen soll. Max Blödt ist für mich eine prägende Gestalt in meiner Heimatgemeinde Jestetten. Ich verdanke ihm viele interessante Erlebnisse, und ich bin froh, ihn gekannt zu haben. Ich erinnere mich gerne an ihn, und wenn ich das tue, dann geht es mir ähnlich wie Ekkehard Altenburger: „Wenn ich an Max denk mun’ i immer lächle“

Bei der Eröffnung einer anderen Ausstellung im vergangenen Jahr habe ich gesagt, dass sich die Gemeinde Jestetten gut überlegen muss, wie sie mit dem reichhaltigen Erbe ihrer Künstler umgehen, dieses fördern und erhalten will. Und zu diesem Erbe hat insbesondere einer beigetragen, nämlich

Max Blödt Bildhauer

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Dr. Konrad Schlude
konrad@schlu.de